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1. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 35

1891 - München : Oldenbourg
35 25. Von den Genußmitteln. 26. Vom Kochen. zu nennen: Essig, Senf, die verschiedenen Suppengewürze, Kümmel, Fenchel, Zitrone. Die übrigen sind ziemlich entbehrlich. Eine gute Nahrung kann und muß in der verschiedensten Weise zu- sammengesetzt werden. Ein und dasselbe Gericht längere Zeit ausschließlich genossen, wird schließlich zum Ekel. Auch können von gewissen Nahrungs- stoffen nur beschränkte Mengen verdaut werden, z. B. von Stärke höchstens 500 g. Dies gilt daher auch von den stürkereichen pflanzlichen Nahrungs- mitteln, die sonst wohl eine genügende Nahrung bieten könnten, z. B. von Hülsenfrüchten, vom Getreide. Um die nötige Abwechslung zu schaffen, sollen tierische Nahrungsmittel mit benützt werden. 25. Won den Henußmitlekn. Der Mensch nimmt außer der eigentlichen Nahrung noch Stoffe zu sich, deren Nährstoffgehalt im Verhältnis zum Preise nicht inbetracht kommt: Kaffee, Thee, Wein, Bier. Man bezeichnet diese Stoffe als Genuß mittel. Sie können dem Körper nicht wie die Nährstoffe Spannkraft liefern; aber sie erleichtern, in mäßiger Menge genossen, die Überführung der Spannkräfte in Arbeit. Wenn wir den Menschen mit einer Maschine vergleichen, so entsprechen die Nährstoffe dem Brenn- material, welches die Spannkraft des Dampfes und dadurch die Be- wegung erzeugt, die Genußmittel dem Öl, welches die Beweglichkeit der Maschinenteile vermehrt, gleich dem Öl nicht zu entbehren, aber nicht imstande, die Nährstoffe zu ersetzen. Das Bier enthält allerdings eine nicht unbeträchtliche Menge Kohlehydrate, P21 soviel wie eine Semmel. Aber es ist zu teuer, als daß das Bier in die Reihe der Nahrungsmittel gezählt werden könnte. Ein übermäßiger Biergenuß beeinträchtigt die Ernährung in hohem Grade, weil er die Geldmittel zur Beschaffung von Nahrungsmitteln verkürzt. Aber immerhin vermag ein ermüdeter Arbeiter durch ein Glas Bier seine Leistungsfähigkeit vorübergehend wieder herzustellen. (Nach Dr. Böhm u. Dr. Ranke.) 26. Wom Kochen. Unter den verschiedenen Lebensgenüssen, welche sich der Scharfsinn des Menschen zu bereiten weiß, steht eine gute Mahlzeit gewöhnlich obenan. Schon das Zartgefühl muß die Versorgerin der Küche antreiben, daraus bedacht zu sein, daß es dem lieben Vater, dem thätigen Bruder oder Gatten, wenn sie sich zu Tische setzen, „recht schmecken" möge; es kommt dies auch der ganzen Hauswirtschaft zugute, indem die Männer, einer gediegenen häuslichen Küche gewiß, nicht verleitet werden, sich in Gasthäusern zu verschaffen, was sie zuhause entbehren müssen. 3«

2. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 27

1891 - München : Oldenbourg
17. Die Kinder zu Hameln. 27 Bunting soll geheissen haben und gab sich für einen Rattenfänger aus, indem er versprach, gegen ein gewisses Geld die Stadt von allen Mäusen und Ratten zu befreien. Die Bürger wurden mit ihm einig und ver- sicherten ihm einen bestimmten Lohn. Der Rattenfänger zog demnach ein Pfeifchen heraus und pfiff; da kamen alsobald die Ratten und Mäuse aus allen Häusern hervorgekrochen und sammelten sich um ihn herum. Als er nun meinte, es wäre keine mehr zurück, ging er hinaus, und der ganze Haufe folgte ihm, und so führte er sie an die Weser; dort schürzte er seine Kleider und trat in das Wasser, worauf ihm alle Tiere folgten und hineinstürzend ertranken. Nachdem die Bürger aber von ihrer Plage befreit waren, reute sie der versprochene Lohn, und sie verweigerten ihn dem Manne unter allerlei Ausflüchten, so dass er zornig und erbittert wegging. Am 26. Juni, auf Johannis und Pauli Tag, morgens früh sieben Uhr, nach andern zu Mittag, erschien er wieder, jetzt in Gestalt eines Jägers, erschrecklichen Angesichts, mit einem roten, wunderlichen Hut, und liess seine Pfeife in den Gassen hören. Alsbald kamen diesmal nicht Ratten und Mäuse, sondern Kinder, Knaben und Mägdlein vom vierten Jahr an, in grosser Anzahl gelaufen, worunter auch die schon erwachsene Tochter des Bürgermeisters war. Der ganze Schwarm folgte ihm nach, und er führte sie hinaus in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand. Dies hatte ein Kindermädchen ge- sehen , welches mit einem Kind auf dem Arme von fern nachgezogen war, darnach umkehrte und das Gerücht in die Stadt brachte. Die Eltern liefen haufenweise vor alle Thore und suchten mit betrübtem Herzen ihre Kinder; die Mütter erhoben ein jämmerliches Schreien und Weinen. Von Stund an wurden Boten zu Wasser und Land an alle Orte herum- geschickt, zu erkundigen, ob man die Kinder oder auch nur etliche gesehen hätte, aber alles vergeblich. Es waren im ganzen hundertund- dreißig verloren. Zwei sollen, wie einige sagen, sich verspätet haben und zurückgekommen sein, wovon aber das eine blind, das andere stumm gewesen sei, also dass das blinde den Ort nicht hat zeigen können, aber wohl erzählen, wie sie dem Spielmanne gefolgt wären, das stumme aber den Ort gewiesen, ob es gleich nichts gehört. Ein Knäblein war im Hemde mitgelaufen und kehrte um, seinen Rock zu holen, wodurch es dem Unglück entgangen ist; denn als es zurückkam, waren die andern schon in der Grube eines Hügels, die noch gezeigt wird, ver- schwunden. Die Strasse, wodurch die Kinder zum Thor hinausgegangen sind, hiess noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts (wohl noch heute) die bunge-lose (trommel-, tonlose, stille), weil kein Tanz darin geschehen, noch Saitenspiel durfte gerührt werden. Ja, wenn eine Braut mit Musik zur Kirche gebracht ward, mussten die Spielleute über die Gasse hin stillschweigen. Der Berg bei Hameln, wo die Kinder verschwanden, heisst der Poppenberg, wo links und rechts zwei Steine in Kreuzform

3. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 29

1891 - München : Oldenbourg
19. Des fremden Kindes heil'ger Christ. 29 Die Mäuslein, sie lächeln, im Stillen ergötzt, Sie stammeln und stottern und schwatzen zuletzt, Und gleich sind vertrocknet die Krüge. 8. Und wenn euch, ihr Kinder, mit treuem Gesicht Ein Vater, ein Lehrer, ein Aldermann spricht, So horchet und folget ihm pünktlich! Und legt auch das Zünglein in peinliche Hut, Verplaudern ist schädlich, Verschweigen ist gut; Dann stillt sich das Bier in den Krügen. (Wolfg. t>. ©oetfie.) 19. I)es fremden Kindes ijeil'ger Khrill. 1. Es läuft ein fremdes Kind Am Abend vor Weihnachten Durch eine Stadt geschwind, Die Lichter zu betrachten, Die angezündet sind. 2. Es steht vor jedem Haus Und sieht die hellen Räume, Die drinnen schau'n heraus, Die lichtervollen Bäume; Weh wird's ihm überaus. 3. Das Kindlein weint und spricht: „Ein jedes Kind hat heute Ein Bäumchen und ein Licht Und hat dran seine Freude, Nur bloß ich armes nicht. 4. An der Geschwister Hand, Als ich daheim gesessen, Hat es mir auch gebrannt; Doch hier bin ich vergessen In diesem fremden Land. 5. Läßt mich denn niemand ein? Ich will ja selbst nichts haben; Ich will ja nur am Schein Der fremden Weihnachtsgaben Mich laben ganz allein." 6. Es klopft an Thür und Thor, An Fenster und an Laden; Doch niemand tritt hervor, Das Kindlein einzuladen; Sie haben drin kein Ohr. 7. Ein jeder Vater lenkt Den Sinn auf seine Kinder; Die Mutter sie beschenkt, Denkt sonst nichts mehr, noch minder; Ans Kindlein niemand denkt. 8. „O lieber, heil'ger Christ! Nicht Mutter und nicht Vater Hab' ich, wenn du's nicht bist; ! O, sei du mein Berater, Weil man mich hier vergißt!" 9. Das Kindlein reibt die Hand; i Sie ist von Frost erstarret; Es kriecht in sein Gewand Und in dem Gäßlein harret, Den Blick hinausgewandt. 10. Da kommt mit einem Licht Durchs Gäßlein hergewallet, Im weißen Kleide schlicht, Ein ander' Kind; wie schallet Es lieblich, da es spricht: 11. „Ich bin der heilige Christ, War auch ein Kind vordessen, Wie du ein Kindlein bist; Ich will dich nicht vergessen, Wenn alles dich vergißt. 12. Ich bin mit meinem Wort Bei allen gleichermaßen, Ich biete meinen Hort So gut hier aus den Straßen, Wie in den Zimmern dort. 13. Ich will dir deinen Baum, Fremd Kind, hier lassen schimmern Auf diesem offnen Raum So schön, daß die in Zimmern So schön sein sollen kaum." 14. Da deutet mit der Hand Christkindlein auf zum Himmel, Und droben leuchtend stand Ein Baum voll Sterngewimmel, Vielästig ausgespannt.

4. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 62

1891 - München : Oldenbourg
62 39. Das Küchengeschirr. Glasscherben und zerbrochene Flaschen kommen wieder in die Glas- fabrik, werden von neuem geschmolzen und zu Geschirren geformt. Nagelstückchen und alte Stahlschnitzel aus Nadelfabriken geben das Material zu den besten Büchsenläufen, und alte Blechgeschirre und Eisenstücke kehren teils zu den Schmelzhütten zurück, teils verwandelt sie der Chemiker. Es ist möglich, daß die Tinte, mit der wir schreiben, früher ein Teil eines eisernen Faßreifens war, sowie die beste Buch- druckerschwärze, welche Kupferstiche oder Buchstaben schwärzt, ans ver- brannten Weinkernen und Traubenhülsen erhalten wird. Abschnitzel von verzinntem Eisenblech werden wieder in Zinn oder Eisen zerlegt; alle Metallabsälle lassen sich verwerten; der Goldschläger verkauft sogar seine alten, abgetragenen Arbeitskleider, und zwar nicht selten so teuer, daß er sich für den Erlös neue kaufen kann. Sie werden dann verbrannt, und die Goldteilchen, die sich in ihnen angehäuft haben, gesammelt. (Hermann Wagner.) 39. Das Küchengeschirr. Einen Hauptteil der Familienwohnung bildet die Küche und einen Hauptteil der Hauseinrichtung das Küchengeschirr. Die am häufig- sten in Gebrauch kommenden Koch- und Bratgeräte sind irdene. Da der Thon nicht stark gebrannt wird, indem er wegen seines Gehaltes an Eisen und Kalk in heftiger Hitze sich verglasen, d. h. schmelzen würde, so ist die Thonmasse immer sehr porös und würde die Flüssigkeiten durch die Poren verdunsten oder selbst in Tröpfchen sichtbar hindurchziehen lassen, wenn sie nicht ans der Oberfläche glasiert, d. h. mit einer Glas- masse überzogen wäre. Diese Glasur ist aber meist eine sogenannte Bleiglasur, nämlich aus Bleiglütte und Lehm gemacht, die sich in der Hitze verglast. Ist diese Glasur gut und mit gehöriger Aufmerksamkeit eingebrannt, so ist dieselbe völlig unschädlich, nicht aber, wenn sie schlecht eingebrannt oder wenn der Glasurmasse zu viel Bleiglütte zugesetzt wurde. Dann bleibt ein Teil des Bleioxydnts unverglast, und heißer Essig ver- mag dasselbe teilweise aufzulösen und die im Topse befindlichen Speisen zu vergiften. Beim Einkäufe von irdenem Geschirr hat man zunächst daraus zu sehen, daß es eine gleichmäßige, nicht rissige Glasur habe.- Besseres Geschirr ist nicht nur inwendig, sondern auch auswendig glasiert. Ist der zum Geschirr verwendete Thon weiß und die Glasur ganz dünn, und liegt sie nur wie ein Firnis darüber, so daß die weiße Farbe vom durchscheinenden Thone kommt, dann heißt diese Art des irdenen Geschirrs Halbporzellan, Fayence oder Steingut. Aus Steingut be- stehen alle unechten, billigen, dem Porzellan ähnlichen Teller, Kaffee-, Thee- und Milchtöpfe, Tassen und Näpfe. Die Hausfrau darf sich nicht

5. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 106

1891 - München : Oldenbourg
106 65. Die Soldatenmutter. selbst, wenn so sich der eine auf ihre Schultern stützte, der andere ihr zur Seite ging und sie selbst dem Dritten unter die Arme griff. Ganze sechszehn Monate lang besuchte sie täglich einen spanischen Offizier, der an einem un- heilbaren und schmerzlichen Beinfraß litt, und pflegte ihn mit mütterlicher Sorgfalt. — Ost trat der Fall ein, daß die emsige und sorgfältige Frau genötigt war, zum General zu gehen, welcher in Besan§on kommandierte, um ihm ihr Anliegen vorzutragen. Einst sprach er zu ihr lächelnd: „Schwester Martha, ihr werdet wohl sehr betrübt sein, wenn eure guten Freunde, die Spanier, euch verlassen werden." — „Ja," antwortete sie, „aber dann kommen meine guten Freunde, die Engländer. Alle Unglücklichen sind meine Freunde." — Der Befehl kam wirklich, daß die gefangenen Spanier von Besan^on weggebracht werden sollten, und es war schwer zu entscheiden, wer betrübter darüber war, Schwester Martha oder ihre Pflegesöhne. Sie bot alle Kräfte auf, dafür zu sorgen, daß die Armen auf ihrem Marsche mitten im Winter doch wenigstens vor Kälte geschützt würden. Deshalb sammelte sie Almosen in der ganzen Stadt, und die Beiträge, 'welche die barmherzige Schwester erhielt, waren so groß, daß alle Gefangenen vor ihrer Abreise hinlänglich mit Kleidungsstücken versehen werden konnten. — Um ihrer liebe- vollen Pflegemutter doch einigermaßen ihre Dankbarkeit zu beweisen, beschlossen die Gefangenen, die einzige Kostbarkeit, die sie besaßen, ihr zu verehren — ein silbernes Kruzifix, worauf sie die Worte in ihrer Landessprache eingraben ließen: „An Mutter Martha, unsere Wohlthäterin." Mutter Martha wollte aber das Geschenk durchaus nicht annehmen; doch zuletzt gab sie den Bitten ihrer dankbaren Pflegekinder nach, als diese ausriefen: „Mutter Martha wird ja das Bild unseres Heilandes nicht von sich weisen!" Die Vorhersage der frommen Schwester Martha ging in Erfüllung. Es kamen zwar nicht die Brüder Engländer, aber dafür die Brüder Russen, Österreicher und Preußen und Italiener und Deutsche aus allen Provinzen; und zuletzt, als sich der Krieg über Frankreich selbst hinwälzte, auch die Brüder Franzosen. Und Schwester Martha nahm sie alle, die nach Besan^on kamen, als ihre Gäste auf und speiste die Hungrigen und labte die Durstigen und kleidete die Nackten und besuchte die Gefangenen und pflegte die Kranken und begrub die Toten. Man hat berechnet, daß sie in weniger als elf Monaten an mehr als dreißigtausend französischen oder fremden Gefangenen Mutterstelle vertreten, und daß sie deren auf viertausend Mann zu gleicher Zeit verpflegt hat. Darum wurde auch ihr Name in allen Sprachen mit' Segen genannt, und von allen Zungen wurde sie die „Soldatenmutter"' gepriesen. Das alles erfuhren dann endlich auch die Fürsten — Kaiser und Könige, und wie die Schwester Martha in Besauen mit christlicher Liebe und Sorg- falt so viele Tausende genährt und gepflegt habe, ohne Unterschied des Volkes und der Religion als eine wahrhafte Samaritanerin. Darum, und um die christliche Tugend an ihr zu ehren, wetteiferten sie gleichsam, wie sie die Schwester Martha auszeichnen sollten. Der König von Frankreich, der nun wieder den Thron seiner Väter bestiegen hatte, gab ihr das St. Ludwigskreuz

6. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 114

1891 - München : Oldenbourg
114 3. Die gute Mutter. eine Nulter in der Schweiz nach ihrem Sohne, der bei der Armee war und von dem sie lange nichts erfahren hatte, und ihr Herz hatte keine Ruhe mehr. »Er muss bei der Rheinarmee sein«, sagte sie, »und der liebe Gott, der ihn mir gegeben hat, wird mich zu ihm fuhren.« — Und als sie auf dem Postwagen zum St. Johannisthor in Basel heraus und an den Rehhäusern vorbei ins Sundgau gekommen war, treuherzig und redselig, wie alle Gemüter sind, die Teilnahme und Hoffnung bedürfen, und die Schweizer ohnedem, erzählte sie ihren Reisegefährten bald, was sie auf den Weg getrieben hatte. »Find’ ich ihn in Colmar nicht, so geh’ ich nach Strafsburg ; find’ ich ihn in Strafsburg nicht, so geh’ ich nach Mainz.« — Die andern fragten dies und jenes und einer fragte sie: »Was ist denn Euer Sohn bei der Armee? Major?« — Da wurde sie fast verschämt in ihrem Innern; denn sie dachte, er könne wohl Major sein oder so etwas, weil er immer brav war; aber sie wusste es nicht. »Wenn ich ihn nur finde«, sagte sie, »so darf er auch etwas weniger sein ; denn er ist mein Sohn.« — Zwei Stunden jenseits Colmar aber, als schon die Sonne sich zu den Elsässer Bergen neigte, die Hirten ihr Vieh heimtrieben, die Kamine rauchten in den Dörfern, die Soldaten in dem Lager nicht weit von der Strasse standen, haufenweise mit dem Gewehre bei Fuss, und die Generale und Obersten vor dem Lager beisammen- standen und miteinander sprachen, stand auch eine junge, weiss gekleidete Frau von feiner Bildung dabei und wiegte auf ihren Armen ein Kind. Die Frau im Postwagen sagte: »Das ist auch keine gemeine Frau, die so nahe bei den Herren steht. Was gilt’s? der, welcher mit ihr spricht, ist ihr Mann!« — Der ge- neigte Leser fängt allbereits an, etwas zu merken; aber die Frau im Postwagen merkte noch nichts. Ihr Mutterherz hatte noch keine Ahnung, so nahe sie auch am Rechten vorbeigefahren war, sondern bis nach Colmar hinein war sie still und sprach nichts. In der Stadt im Wirtshause, wo schon eine Gesellschaft an der Mahlzeit safs und die Reisegefährten sich auch setzten, wo noch Platz war, da war ihr Herz erst recht zwischen Bangigkeit und Hoffnung eingeengt, dass sie jetzt etwas von ihrem Sohne er- fahren könnte, ob ihn niemand kenne, und ob er noch lebe und ob er etwas sei, und hatte doch den Mut fast nicht, zu fragen. Denn es gehört Herz dazu, eine Frage zu thun, wo man das Ja so gerne hören möchte und das Nein doch möglich ist. Auch meinte sie, jedermann merke es, dass es ihr Sohn sei, nach dem

7. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 131

1891 - München : Oldenbourg
16. Der beste Empfehlungsbrief. 17. Veronika Hakmann. 131 Sie trägt und bringt nicht neue Mär', Geht still in ihrer Arbeit her, Ist treu und eines frohen Mut's Und thut den Kindern immer Gnt's. Sie ist stets munter, hurtig, frisch, Vollbringet ihre Geschäfte risch, Und hült's der Frauen wohl zu gut, Wenn sie um Schaden reden thut. Sie hat dazu eine feine Gebärd', Hält alles sauber an dem Herd, Verwahrt das Feuer und das Licht Und schlummert in der Kirche nicht. 16. Z>er öeste Empfehlungsbrief. Auf die Anzeige eines Kaufmannes, durch welche ein Lehrjunge gesucht wurde, meldeten sich 50 Knaben. Der Kaufmann wählte sehr rasch einen unter denselben und verabschiedete die anderen. „Ich möchte wohl wissen", sagte ein Freund, „warum Du gerade diesen Knaben, der doch keinen einzigen Empfehlungsbrief hatte, bevorzugtest." — „Du irrst", lautete die Antwort. „Dieser Knabe hatte viele Empfehlungen. Er putzte seine Füße ab, ehe er ins Zimmer trat, und machte die Thür zu; er ist daher sorgfältig. Er gab ohne Besinnen seinen Stuhl jenem alten lahmen Manne, was seine Herzensgüte und Aufmerksamkeit zeigt. Er nahm seine Mütze ab, ehe er hereinkam, und antwortete aus meine Fragen schnell und sicher; er ist also höflich und hat Anstand. Er hob das Buch auf, welches ich absichtlich auf den Boden gelegt hatte, während alle übrigen dasselbe zur Seite stießen oder darüber stolperten. Er wartete ruhig und drängte sich nicht heran, — ein gutes Zeugnis für sein anständiges Benehmen. Ich bemerkte ferner, daß sein Rock gut ausgebürstet und seine Hände und sein Gesicht rein waren. Nennst du dies alles keinen Empfehlungsbrief? Ich gebe mehr darauf, was ich von einem Menschen weiß, nachdem ich ihn zehn Minuten lang gesehen, als auf das, was in schön klingenden Empfehlungsbriefen geschrieben steht." Magdeburger Zeitung. 17. Weronika Kakmann. Im Jahre 1744, als der Kurfürst Karl Theodor in der Pfalz die Regierung angetreten hatte, trat in Mannheim Veronika Hakmann als Magd in das Haus eines dortigen Bürgers und trug sein Söhnlein auf den Armen herum und hütete sein, und als das Söhnlein zum Manne herangewachsen und selber wieder Vater geworden war, all- bereits nach dem Hubertsburger Frieden, da war sie noch immer im

8. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 134

1891 - München : Oldenbourg
134 18. Dorothea. setzen und spinnen; und damit ihre Spule blutig werde, stach sie sich in den Finger und stiefs die Hand in die Dornenhecke. Dann warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie kam wie die andere auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder: „Ach, zieh mich ’raus, zieh mich ’raus, sonst verbrenn’ ich; ich bin schon längst ausgebacken!“ Die Faule aber antwortete: „Da hätt’ ich Lust, mich schmutzig zu machen; bleib sitzen, bis du schwarz wirst!“ und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief; „Ach, schüttel mich, schüttel mich; wir Äpfel sind alle miteinander reif!“ Sie antwortete aber: „Du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen,“ und ging weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren grossen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tage that sie sich Gewalt an, war fleifsig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte; denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde; am zweiten Tage aber fing sie schon an zu faulenzen, am dritten noch mehr; da wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie machte auch der Frau Holle das Bett nicht, wie sich’s gebührte, und schüttelte es nicht, dass die Federn aufflogen. Das ward die Frau Holle bald müde und sagte ihr den Dienst auf. Das war die Faule wohl zufrieden und meinte, nun würde der Goldregen kommen. Die Frau Holle führte sie auch zu dem Thore. Als sie aber darunter stand, ward statt des Goldes ein grosser Kessel mit Pech ausgeschüttet. „Das ist zur Belohnung deiner Dienste,“ sagte die Frau Holle und schloss das Thor zu. Da kam die Faule heim und war ganz mit Pech bedeckt, und der Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief : „Kikeriki, Unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie!“ Das Pech blieb aber an ihr hängen und wollte, so lange sie lebte, nicht abgehen. Grimm. 19. Dorothea. Wie der wandernde Mann, der vor dem Sinken der Sonne Sie noch einmal ins Auge, die schnellverschwindende, faßte, Dann im dunkeln Gebüsch und an der Seite des Felsens Schweden siehet ihr Bild; wohin er die Blicke nur wendet, Eilet es vor und glänzt und schwankt in herrlichen Farben: So bewegte vor Hermann die liebliche Bildung des Mädchens Sanft sich vorbei und schien dem Pfad ins Getreide zu folgen. Aber er fuhr aus dem staunenden Traum auf, wendete langsam Nach dem Dorfe sich zu und staunte wieder; denn wieder Kam ihm die hohe Gestalt des herrlichen Mädchens entgegen. Fest betrachtet' er sie; es war kein Scheinbild, sie war es Selber. Den größeren Krug und einen kleinern am Henkel Tragend in jeglicher Hand, so schritt sie geschäftig zum Brunnen,

9. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 137

1891 - München : Oldenbourg
19. Dorothea. 137 Wird, und die Stunden der Nacht ihr sind wie die Stunden des Tages, Daß ihr niemals die Arbeit zu kleiu und die Nadel zu fein dünkt. Also sprach sie und war mit ihrem stillen Begleiter Durch den Garten gekommen bis an die Tenne der Scheune, Wo die Wöchnerin lag, die sie froh mit den Töchtern verlassen, Jenen geretteten Mädchen, den schönen Bildern der Unschuld. Beide traten hinein: und von der anderen Seite Trat, ein Kind an jeglicher Hand, der Richter zugleich ein. Diese waren bisher der jammernden Mutter verloren; Aber gefunden hatte sie nun int Gewimmel der Alte. Und sie sprangen mit Lust, die liebe Mutter zu grüßen, Sich des Bruders zu freu'n, des unbekannten Gespielen! Aus Dorotheen sprangen sie daun und grüßten sie freundlich, Brot verlangend und Obst, vor allem aber zu trinken. Und sie reichte das Wasser herum. Da tranken die Kinder, Und die Wöchnerin trank mit den Töchtern; so trank auch der Richter. Alle waren geletzt und lobten das herrliche Wasser, Säuerlich war's und erquicklich, gesund zu trinken den Menschen. Da versetzte das Mädchen mit ernsten Blicken und sagte: Freunde, dieses ist wohl das letztemal, daß ich den Krug euch Führe zum Munde, daß ich die Lippen mit Wasser euch netze: Aber wenn euch fortan am heißen Tage der Trunk labt, Wenn ihr im Schatten der Ruh' und der reinen Quellen genießet, Dann gedenket auch mein und meines freundlichen Dienstes, Den ich aus Liebe mehr als aus Verwandtschaft geleistet. Was ihr mir Gutes erzeigt, erkenn' icki durchs künftige Leben. Ungern lass' ich euch zwar; doch jeder ist diesmal dem andern Mehr zur Last als zum Trost, und alle müssen wir endlich Uns im fremden Lande zerstreu'n, wenn die Rückkehr versagt ist. Seht, hier steht der Jüngling, dem wir die Gaben verdanken, Diese Hülle des Äinds und jene willkommene Speise. Dieser kommt und wirbt, in seinem Haus mich zu sehen, Daß ich diene daselbst den reichen trefflichen Eltern; Uud ich schlag' es nicht ab; denn überall dienet das Mädchen, Und ihr wäre zur Last, bedient im Hause zu ruhen. Also folg' ich ihm gern; er scheint ein verständiger Jüngling, Uud so werden die Eltern es sein, wie es Reichen geziemet. Darum lebet nun wohl, geliebte Freundin, und freuet Euch des lebendigen Säuglings, der schon so gesund Euch anblickt. Drücket Ihr ihn an die Brust in diesen farbigen Wickeln, O, so gedenket des Jünglings, des guten, der sie uns reichte, Und der künftig auch mich, die Eure, nähret und kleidet. Und Ihr, trefflicher Mann, so sprach sie gewendet zum Richter, Habet Dank, daß Ihr Vater mir war't in mancherlei Fällen. Uud sie kniete darauf zur guten Wöchnerin nieder,

10. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 143

1891 - München : Oldenbourg
25. Anstandsregeln. 143 an der Seite! Es ist nicht schicklich, das letzte Bröckchen Brot, den letzten Rest der Speise zu verschlingen. Ist ein zweites Gericht zu erwarten und dir wünschenswert, so laß Messer und Gabel nicht auf dem Teller liegen! Knochen, Fett u. dgl. dürfen nicht auf den Teller gespuckt, sondern müssen unbemerkt mittels der Gabel, die man zu diesem Zwecke an die Lippen hält, auf den Teller gelegt werden. Suche nie über den Teller eines andern weg einen Gegenstand zu erreichen! Es schickt sich nicht, mit dem Tellertnch über das Gesicht zu fahren, mit der Gabel, dem Becher oder einem andern Gegenstände zu spielen. Es gehört sich nicht, einer Person den Rücken zuzuwenden, um mit einer andern zu sprechen oder über die zunächst sitzende Person wegzureden. Sprich nie mit vollem Munde! Vermeide, Gabel oder Messer fallen zu lassen. Ist es geschehen, so ersuche die auftragende Person ruhig um ein neues Besteck! Lege dich nicht faul in den Stuhl zurück und laß die Ellbogen nicht aus dem Tische ruhen! Den Zahnstocher gebrauche nur, wenn es unumgänglich notwendig ist und bedecke in diesem Falle den Mund mit der Hand! Es schickt sich nicht, einem Gaste Speisen aufzuzwingen. Stehe nicht eher vom Tische aus, als bis das Mahl vorüber ist, und die Wirtin das Zeichen dazu gab! Nach beendeter Mahlzeit versäume nicht, dich dankend von dem Gastgeber zu verab- schieden ! Vergiß nicht, wo du geladen warst, nach einigen Tagen einen Dankbesuch zu machen! b) Bei Besuchen. Sei weder kalt und abstoßend, noch überschwenglich freundlich gegen andere! Ein herzliches, aber doch ruhiges Betragen ist das beste. Es schickt sich nicht, bei Besuchen Möbel, Bilder oder andere Gegenstände und vor allen Dingen anwesende Persönlichkeiten anzustarren. ' Sitze ruhig und gerade auf deinem Stuhl; gebrauche die Lehne bei kurzen Besuchen gar nicht, bei längerer Unterhaltung erst, wenn Ermüdung eintritt; strecke dich auf dem Sofa oder dem Schaukelstuhl uicht aus; schlage die Beine nicht über einander; bewege die Füße nicht fortwährend und spiele nicht mit Quasten, Knöpfen und anderen Gegenständen! Sprich nicht zu laut und dränge dich nicht vor, indem du die Unterhaltung zu führen suchst! Rede nicht mit lebhaften Geberden! Es schickt sich nicht, andere bei den Armen und Händen zu fassen, während man mit ihnen spricht, oder sie anzustoßen, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, mit den Füßen zu trommeln oder mit den Fingern aus Stühlen, Tischen und Fensterscheiben Lärm zu schlagen, eine Melodie vor sich hin zu summen oder, während man jemand zuhört, einen Stuhl oder andern Gegenstand herumzudrehen. Eine große Unsitte ist das Flüstern mit benachbarten
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